Der Hexentanz auf der Gerlosplatte

aus "Sagenwelt im Oberpinzgau" von Volkmar Zobl

 

Vor vielen Jahren ging ein Jäger von Krimml in das Wildgerlostal auf Gemsenjagd. Weil er immer wieder auf dem Rückweg bei den Almen einkehrte, verspätete er sich und kam erst bei Dunkelheit auf die Hinterplatte, wo heute noch drei Hütten stehen.

Es war schon stockfinster. Deshalb legte er sich in der Rem (Heuboden) auf einen Heustock und schlief gleich ein. Plötzlich wurde er aus dem Schlaf geschreckt: er horchte und hörte in nächster Nähe eine Klarinette spielen. Die Musiktöne erklangen ganz deutlich aus der benachbarten Hütte. Er stand auf, öffnete vorsichtig die Remtür und schlich zum Fenster der danebenstehenden Almhütte. Als er durch das kleine Fenster spähte, sah er eine hellbeleuchtete Stube. Auf der Ofensäule saß eine riesengroße, schwarze Katze, die ihren langen Schwanz im Maul hatte und darauf wie auf einer Klarinette spielte.
Die Stube war überfüllt mit Menschen: reiche Bauersleute aus der ganzen Umgebung, Senner und Sennerinnen, die er alle kannte. Sie tanzten ausgelassen und mit wilder Leidenschaft. Je schneller das Spiel der schwarzen Katze wurde, desto toller ging es in der Stube zu.

Als er dieses Spektakel sah, wußte er: Das ist der Hexentanz!
Er wollte mit dieser Hexerei nichts zu tun haben und schlich sich wieder auf sein Heulager, doch konnte er vor lauter Lärm nicht mehr einschlafen. Immer wieder sagte ihm sein Gewissen: "Geh hinüber und mach dem sündhaften Treiben ein Ende!"

Er sprang vom Lager auf, nahm sein Gewehr, schlich wieder zur Almhütte, legte die Büchse auf das eiserne Fensterkreuz, nahm die Teufelskatze aufs Korn und drückte ab. Im selben Augenblick erhob sich ein furchtbarer Lärm, die Katze purzelte von der Ofensäule, die kreischenden Sennerinnen setzten sich auf eine Ofenschaufel und schrien: "Hiaz (Jetzt) fahr´n ma (wir) auf und davon und nindascht (nirgends) mehr oa (herunter)."

Gleich darauf erhoben sie sich in die Lüfte und flogen, auf der Ofenschaufel sitzend, durch das Fenster davon. Voll Entsetzen und ganz gebrochen wankte der Jäger in seine Hütte zurück und sank bewusstlos auf sein Lager. Erst am nächsten Tag erwachte er aus der Ohnmacht und kehrte schwankend nach Krimml zurück. Von nun an siechte der Jäger, der früher landauf und landab als lebenslustiger und kräftiger Mann bekannt war, dahin, und nach einem halben Jahr fand er im Grab seine ewige Ruhe.

 

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